Was ist, wenn das Stillen nicht (nur) klappt? Oder wenn eine Kombiernährung gewünscht ist.

Viele Mütter setzen sich vor oder kurz nach der Geburt das Ziel, ausschließlich zu stillen. Das ist verständlich, denn Stillen ist von der Zusammensetzung optimal für das Baby, praktisch und emotional verbindend. Doch in der Realität verläuft der Start nicht immer reibungslos – und nicht jede Mutter möchte oder kann ausschließlich stillen. Die sogenannte Kombinierte Ernährung, also das Zusammenspiel von Brust und Flasche, ist für viele Familien eine hilfreiche Lösung – gleichzeitig aber auch mit Unsicherheit und Schuldgefühlen verbunden.

In diesem Artikel erhalten Sie fundierte Informationen zur Kombi-Ernährung, praktische Tipps sowie eine klare Haltung: Ernährung darf individuell und entlastend sein – für Eltern und Kind.

 

Was genau bedeutet Kombi-Ernährung?

Bei der Kombi-Ernährung wird ein Baby sowohl gestillt als auch mit der Flasche ernährt – entweder mit abgepumpter Muttermilch oder industriell hergestellter Säuglingsnahrung. Für manche Familien ist das von Anfang an der Plan, andere entscheiden sich im Laufe der Zeit dafür, z. B. wenn das Stillen schwierig wird oder sich die berufliche Situation verändert.

Die Kombi-Ernährung kann temporär oder langfristig eingesetzt werden – und sie ist keinesfalls automatisch ein „Einstieg ins Abstillen“, wie häufig befürchtet wird.

Typische Gründe für den Einstieg in die Kombi-Ernährung sind:

  • Unzureichende Milchmenge (subjektiv empfunden oder medizinisch festgestellt)
  • Stillschwierigkeiten (z. B. Schmerzen, anatomische Herausforderungen beim Baby)
  • Rückkehr in den Beruf
  • Wunsch nach Entlastung oder Flexibilität
  • Emotionale oder psychische Belastung

 

Häufige Sorgen – und was wirklich stimmt

 

Viele Eltern zögern lange, bevor sie zur Flasche greifen – aus Sorge, etwas falsch zu machen. Einige der häufigsten Ängste möchte ich hier gern aufgreifen:

„Verliert mein Baby das Interesse an der Brust?“

Vielleicht haben Sie schon den Artikel zur Saugverwirrung in unserem Blog gelesen. In der Regel kann ein Baby beides.  Die Wahl eines geeigneten Saugers sowie langsames Einführen der Flasche kann helfen, die Ängste und Sorgen abzubauen indem Sie Ihre eigenen Erfahrungen machen. Wichtig ist, das Trinkverhalten gut zu beobachten und frühzeitig fachlichen Rat einzuholen, wenn sich Schwierigkeiten zeigen.

„Bin ich eine schlechte Mutter, wenn ich zufüttere?“

Diese Sorge begegnet mir in der Beratung leider sehr häufig – und sie ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Still-Ideals, das kaum Raum für individuelle Lösungen lässt. Der Druck, da es beim Stillen wohl nicht nur um Ernährung, sondern auch um Bindung, Nähe und emotionale Sicherheit geht, stellt Eltern vor einen immensen Druck. Aber für eine positive Beziehung, Nähe und emotionale Sicherheit braucht es mehr. Gute Mutterschaft misst sich nicht an der Menge an gestillten Millilitern, sondern an der Feinfühligkeit im Umgang mit dem Kind.

„Ist Formula wirklich unbedenklich?“

Ja – Säuglingsanfangsnahrung unterliegt in Deutschland strengen Qualitätsstandards. Sie ist eine sichere, gesunde Alternative oder Ergänzung, wenn das Stillen nicht (ausschließlich) möglich ist. Auch mit Formula können Babys gut gedeihen. Welche Formular gewählt wird, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig und sollte bei Auffälligkeiten ggf. mit der Kinderärztin/dem Kinderarzt besprochen werden.

 

!! Ein wichtiger Hinweis für Mütter mit dem Wunsch voll zu stillen. In der Beratung erlebe ich sehr häufig, dass Frauen ursprünglich den Wunsch hatten, voll zu stillen, dies aber nicht umsetzen konnten – häufig, weil früh und oft zugefüttert wurde oder das Stillmanagement nicht optimal begleitet war. Die Sorge um die Gewichtszunahme des Kindes oder der Eindruck, dass „die Milch nicht reicht“, führt schnell zu Stress – und in vielen Fällen zu einem Kreislauf aus Stillen, Abpumpen, Füttern, Sterilisieren und dem ständigen Versuch, allem gerecht zu werden. Dabei ist es wichtig zu betonen: Wenn Sie den Wunsch haben, voll zu stillen, sollten Sie dieses Ziel nicht vorschnell aufgeben. In vielen Fällen gelingt es – mit der richtigen Begleitung – innerhalb weniger Tage, dass Mutter und Kind wieder in eine stabile Stillbeziehung finden und keine Flaschennahrung mehr nötig ist.!!

 

In meiner Praxis erstellen wir mit beiden Elternteilen einen Plan, den wir individuell begleiten und die Reduzierung der Flaschen und das Steigern der Muttermilch gemeinsam angehen. Denn es ist nicht einfach und braucht eine gute, individuelle Betreuung mit Fokus auf die Mutter, auf das Baby und die gesamte Situation. Häufig sind die Eltern eher skeptisch und glauben nicht, dass sie es schaffen können. Sie sind dann aber sehr überrascht, wie schnell die Umstellung funktioniert. Selbst wenn die Ausgangslage zunächst schwierig erschien.

Wenn Sie sich in dieser Beschreibung wiederfinden, ermutige ich Sie ausdrücklich: Suchen Sie sich frühzeitig fachkundige Unterstützung. Es lohnt sich. Wir bieten auch Onlineberatungen in ganz Deutschland an.

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Wie Kombi-Ernährung gelingen kann – praktische Tipps

Eine gelungene Kombination aus Brust und Flasche erfordert manchmal ein wenig Planung und Geduld. Diese Hinweise haben sich in meiner Praxis bewährt:

  • Langsam einführen: Beginnen Sie eine komplette Flasche einzuführen, als nach den Stillmahlzeiten noch wenige Milliliter mit der Flasche zu geben. Eine Abgewöhnung gelingt so einfacher.
  • Den richtigen Sauger wählen: Ein langsam fließender Sauger unterstützt das natürliche Trinkverhalten und das Baby kann zwischendurch eine Pause machen.
  • Bonding beim Flaschegeben: Auch die Flasche kann eine Gelegenheit für innige Nähe sein. Blickkontakt, Hautkontakt und achtsames Füttern sind hier entscheidend. Füttern Sie auf dem Arm, sodass Sie Blickkontakt mit Ihrem Baby halten können.
  • Muttermilch erhalten: Wenn Sie das Stillen fortsetzen möchten, achten Sie darauf, dass die Brust regelmäßig stimuliert wird – durch Anlegen oder ggf. durch Abpumpen. Hier ist manchmal ein individueller Plan notwendig.

 

Die Brust hat kein Gehirn

Wenn Sie die Milchbildung erhalten wollen, sollten Sie wissen, dass die Brust kein Gehirn hat. Sie weiß nicht, dass Ihr Baby gerade die Flasche bekommt. Daher ist es so schwierig, die Muttermilch zu steigern, ohne die Flasche zu reduzieren. Denn es ist immer eine Stimulation notwendig.

Wenn Sie mehr Grundlagen zum Stillen erhalten möchten und wie unsere viele Kundinnen neues lernen möchten, empfehle ich Ihnen unseren Stillkurs.

Durch diesen Kurs konnten viele Mütter die Stillsituation deutlich verbessern und einen guten Weg finden.

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Kombi-Ernährung als Chance für Entlastung und Gleichberechtigung

Neben medizinischen oder praktischen Gründen kann die Entscheidung für eine kombinierte Ernährung auch Ausdruck eines modernen Familienverständnisses sein. Immer mehr Mütter kehren früher in den Beruf zurück – sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder aus dem Wunsch nach beruflicher Erfüllung und Selbstbestimmung. Kombi-Ernährung ermöglicht hier eine flexible Gestaltung des Alltags, bei der sich auch andere Bezugspersonen aktiv einbringen können.

Die Beteiligung des Partners oder anderer Betreuungspersonen beim Füttern kann nicht nur praktisch entlasten, sondern auch eine stärkere emotionale Bindung zum Kind fördern. Gleichzeitig kann die Mutter Phasen der Ruhe, Selbstfürsorge oder beruflicher Tätigkeit nutzen – ohne das Gefühl, das Kind zu „verlassen“. In einer Zeit, in der Gleichberechtigung in der Familienarbeit zunehmend an Bedeutung gewinnt, kann eine bewusst gewählte kombinierte Ernährung ein Weg sein, familiäre Verantwortung partnerschaftlich zu teilen, ohne auf Nähe und Feinfühligkeit zu verzichten.

Wichtig ist dabei: Die Entscheidung sollte auf Augenhöhe getroffen werden – und sich für die Mutter stimmig anfühlen. Denn Gleichberechtigung bedeutet auch, die individuelle Entscheidung jeder Frau zu respektieren – sei es für das Vollstillen, die Kombination oder das Füttern mit der Flasche.

Wenn Fragen bleiben – holen Sie sich Unterstützung

Kein Ratgeber, keine App und kein Forum kann die persönliche Beratung ersetzen, wenn Unsicherheiten bestehen. Ob beim Stillen, der Einführung der Flasche oder dem Wunsch, beides gut zu verbinden – professionelle Begleitung kann helfen, die passende Lösung zu finden.

In meiner Beratung arbeite ich mit einem bindungs- und bedürfnisorientierten Ansatz: Es geht nicht um Ideale, sondern um das, was für Sie und Ihr Kind funktioniert – fachlich fundiert, individuell abgestimmt und frei von Dogmen.

Fazit: Ihr Weg ist der richtige – wenn er zu Ihnen passt

Stillen ist wertvoll, aber nicht um jeden Preis. Manchmal ist es das Beste für die Familie, eigene Wege zu gehen – sei es mit Brust, Flasche oder beidem. Die Kombi-Ernährung kann ein guter, tragfähiger Kompromiss sein, der Entlastung bringt und dennoch Nähe ermöglicht.

Wenn Sie sich bei diesem Thema Begleitung wünschen, bin ich gern für Sie da.

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